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BGH: Geschäftsführer haften in der Krise besonders streng

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Zahlungen auf Arbeitslohn, Strom, IT und Umsatzsteuer sind verboten - hoher Anreiz für rechtzeitige Insolvenzanmeldung - BGH, Urt. v. 4. 7. 2017, Az. II ZR 319/15; Hanseatisches OLG, Urt. v. 13.10.2017, Az. 11 U 53/172

Der BGH hat die Haftung des Geschäftsführers für verbotene Zahlungen in der Unternehmenskrise erheblich verschärft. Der Wortlaut des § 64 Satz 2 GmbHG trügt. Danach ist der Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife nicht verpflichtet, wenn die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Das hört sich vordergründig an wie die allgemeine Pflicht des Geschäftsführers, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, § 43 GmbHG. § 64 Satz 2 GmbHG würde dann allenfalls die Beweislast umkehren. Tatsächlich geht die Ersatzpflicht des Geschäftsführers aber viel weiter. Das hat der BGH in einem in der Literatur hoch umstrittenen Umfeld sehr klar herausgearbeitet (vgl. BGH, Urt. v. 4. 7. 2017, Az. II ZR 319/15).

Der BGH stellt zunächst zwar fest, dass die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit die Schmälerung der Masse, also des Vermögens der GmbH, durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird. Die in die Masse gelangende Gegenleistung muss aber für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein. Arbeits- oder Dienstleistungen oder Versor-gungsleistungen für Strom oder Telekommunikation sind das in der Regel nicht. Obwohl in beiden Fällen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Zahlung und Gegenleistung verlangt wird, sind die Überlegungen zur insolvenzrechtlichen Bargeschäftsausnahme, § 142 InsO, nicht auf die Sorgfaltsausnahme für Zahlungsverbote übertragbar. Interessenlage und Voraussetzungen der Haftung für Zahlungen in der Krise sind andere. Die Bargeschäftsausnahme schützt den einzelnen Geschäftspartner. Das Zahlungsverbot in der Krise schützt dagegen das Aktivvermögen des Unternehmens und damit die Gesamtheit aller Gläubiger. Die Sorgfalts-ausnahme des § 64 Satz 2 GmbHG ist darum viel enger.

Eine erfolgreiche Anfechtung durch den Insolvenzverwalter kann den Geschäftsführer darum zwar grundsätzlich enthaften. Scheitert die Anfechtung aber allein an der Bargeschäftsausnahme, haftet der Geschäftsführer dennoch - gerade weil die Masse dauerhaft verkürzt bleibt. Die Sorgfaltsausnahme bleibt auf wenige Notgeschäfte beschränkt.

Weiter verschärfend kommt hinzu, dass die in die Masse gelangende Gegenleistung grundsätzlich nach Liquidationswerten zu bemessen ist. Ob für den Ausgleich nach § 64 Satz 2 GmbHG ausnahmsweise Fortführungswerte in Ansatz gebracht werden können, wenn eine Fortführung gesichert erscheint, etwa durch eine Unternehmensfortführung in der Insolvenz, hat der BGH nicht entschieden.

Der BGH macht insgesamt sehr deutlich, dass Geschäftsführer in der Unternehmenskrise nicht nur angehalten sind, den Insolvenzantrag frühzeitig zu stellen. Sie haben auch die Pflicht, das Vermögen der Gesellschaft zugunsten der Gesamtheit aller Gläubiger zu schützen. Tun sie das nicht, haben sie der Gesellschaft nach einem sehr strengen Maßstab alle Zahlungen zurückzuerstatten.

In diesen Zusammenhang gehört auch ein Urteil aus Hamburg. Das Hanseatische OLG hat mit Urt. v. 13.10.2017, Az. 11 U 53/172, festgestellt, dass unter den Begriff der "Zahlungen" im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG grundsätzlich auch die Zahlung der Umsatzsteuer fällt. Die bloße Aussicht auf eine mögliche Erstattung durch das Finanzamt stellt keine privilegierte Gegenleistung nach § 64 Satz 2 GmbHG dar. Dass Geschäftsführer dadurch zusätzlich in einen Konflikt mit steuerlichen (Haftungs- und Straf-) Vorschiften kommen, liegt auf der Hand.

 


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